Als Mitarbeiter in der Garage Hand anlegen

Autor

Susanne Schanda

Veröffentlicht am

Viele Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung arbeiten an einem geschützten Arbeitsplatz in einer Institution, nur wenige finden einen Job im ersten Arbeitsmarkt. Mirco Braschler macht beides. Beim Besuch in der Auto-Garage in Lachen (SZ) erfahren wir, was ihm an dieser Arbeit gefällt.

Mirco Braschler begrüsst uns mit einem Lächeln und geht mit einem Hinweis auf seine mit Öl verschmierten Hände zum Lavabo, um sich diese zu waschen. Sie werden allerdings bald wieder schwarz, wenn er demonstriert, wie er unter dem aufgebockten Auto arbeitet. Er bückt sich unter die Achse und setzt den Drehmomentschlüssel an.

Das verbale Sprechen macht ihm Mühe. Aussenstehende brauchen Geduld und müssen oft nachfragen, wenn sie ihn verstehen wollen. Für sein Team, das ihn gut kennt, ist das allerdings kein Problem.

Er kennt sich aus mit Newtonmeter, Schrauben, Pneus und allerlei Ersatzteilen. Aus seinem Gesicht sprechen Freude und Stolz, wenn er mitten in der Garage steht und um sich blickt. Das verbale Sprechen macht ihm Mühe. Aussenstehende brauchen Geduld und müssen oft nachfragen, wenn sie ihn verstehen wollen. Für sein Team, das ihn gut kennt, ist das allerdings kein Problem. Auf die Frage, was ihm an dieser Arbeit in der Garage am besten gefällt, sagt er sofort: «Die Leute, Kollege, Chef.» Und weiter: «Mechanische Arbeiten, Lampenkontrolle, Pneu, alle Aufgaben beim Service, Ölwechsel.»

Ein Mann repariert ein Auto.

Mirco Braschler kennt sich aus mit Newtonmeter, Schrauben, Pneus und allerlei Ersatzteilen. © Vera Markus

 

Mirco Braschler hat zwei Jobs. In der Stiftung BSZ in Schübelbach hilft er dem Hauswart beim Lampenreparieren und Fensterputzen. Schrauben anziehen, Lampenkontrolle und vieles mehr: Mirco Braschler liebt die Vielseitigkeit seiner Arbeit. Ausserdem mäht er den Rasen und sammelt Papierfetzen auf. Was ihm dort am besten gefällt, ist, dass er oft im Freien arbeiten kann. Was ihm im geschützten Rahmen weniger gefällt, ist, dass alle an deren eine Beeinträchtigung haben. Er wird dort weniger gefordert, gerade auch beim Sprechen.

Was ihm dort am besten gefällt, ist, dass er oft im Freien arbeiten kann. Was ihm im geschützten Rahmen weniger gefällt, ist, dass alle an deren eine Beeinträchtigung haben.

Die aktuelle Situation mit den beiden Arbeitsstellen ist dank einer guten Koordination mit der BSZ zustande gekommen: «Wir haben gemeinsam mit ihm und der Stiftung Gespräche geführt, wie wir das am besten für ihn organisieren», erklärt Bekim Amidi, Inhaber und Chef der Garage. «In den ersten drei Monaten habe ich ihn auf Stundenbasis von der Stiftung ausgeliehen, das war eine Art Probezeit. Wir wollten schauen, wie es ihm dabei geht, wie er reagiert. Da es sehr gut lief, habe ich ihn sofort angestellt. Er macht seine Arbeit gut.»

Ein gut eingespieltes Werkstatt-Team

Das inklusive Umfeld in der Garage sagt ihm zu. Und es tut ihm offensichtlich gut. «Man merkt es auch beim Sprechen, je länger er hier arbeitet, desto deutlicher spricht er, er gibt sich Mühe», sagt Bekim Amidi. Und an der guten Arbeit. Mirco Braschler erscheint jeweils bereits um sieben Uhr morgens und trinkt einen Kaffee, bis alle da sind und man um halb acht zu arbeiten beginnt. Zusammen mit dem Kollegen Tobi sind sie ein eingespieltes Team. «Mirco arbeitet sehr sorgfältig und zuverlässig. Er braucht niemanden, der ihm ständig über die Schulter schaut.Wenn er etwas nicht kann oder nicht sicher ist, fragt er den Kollegen oder mich und sagt, wir sollen uns das mal anschauen», sagt Bekim Amidi.

«In der Pneu-Saison arbeitet er 80% hier in der Garage, das heisst drei volle und zwei halbe Tage, sonst 60%», erklärt er weiter. Die Pneu-Saison dauert jeweils drei Monate im Frühling und im Herbst. «Dann bekommen wir rund 500 Autos in die Werkstatt für Pneu und Radwechsel, da kann Mirco sehr gut mitarbeiten.» Was ebenfalls zu seinen Aufgaben gehört, ist Ersatzteile bestellen.

«Die Arbeitskarten füllt er auch selbst aus. Dort schreibt er drauf, wie viel Scheibenwischwasser er braucht, wie viel Frostschutzmittel, Öl, das macht er alles selber», sagt sein Chef zufrieden.

 

Das inklusive Umfeld in der Garage sagt ihm zu. Und es tut ihm offensichtlich gut. «Man merkt es auch beim Sprechen, je länger er hier arbeitet, desto deutlicher spricht er, er gibt sich Mühe»

Ein richtiger Lohn bedeutet Anerkennung

Mirco Braschler war schon als Kind fasziniert von Autos und hat viel Zeit in dieser Garage verbracht, als sie noch seinem Vater gehörte. Das ist lange her. Heute ist der Vater pensioniert und der Sohn als Mitarbeiter angestellt. Herr Braschler senior hält sich an diesem Tag ebenfalls in der Garage auf. Er hilft hin und wieder aus, etwa wenn Ersatzteile zu besorgen sind. Er betont, dass sein Sohn erst bei seinem Nachfolger angestellt wurde, und dies auch erst, nachdem er in einer Garage im Nachbardorf eine zweijährige Anlehre als Automobil-Fachmann gemacht hatte.

 

Neben der Entschädigung, die ihm die Stiftung BSZ für seine Arbeit zahlt, erhält er von der Garage einen richtigen Lohn sowie eine Unfall- und Krankenversicherung.

 

Neben der Entschädigung, die ihm die Stiftung BSZ für seine Arbeit zahlt, erhält er von der Garage einen richtigen Lohn sowie eine Unfall- und Krankenversicherung. Wenn man Mirco Braschler nach seinem Lohn in der Garage fragt, lächelt er stolz und sagt nur: «Mehr als in der BSZ.» Er kennt bereits viele der Kunden, die in die Garage kommen. Wenn sein Chef und der Kollege mal kurz draussen beschäftigt sind und ein Kunde in die Garage kommt, sagt er: «Der Chef kommt gleich.»

Mirco Braschler fährt mit dem E-Bike zur Arbeit. Auch sonst ist er gerne draussen in der Natur, wie er in einer kurzen Arbeitspause erzählt. «Ich gehe gerne spazieren.» Für diesen Abend steht etwas Besonderes auf dem Programm: «Gehe ich mit Papa ins Restaurant jassen. Helfe allen.» Dieser widerspricht lachend: «Stimmt gar nicht, du hilfst allen anderen, nur mir nicht.» Mirco Braschler winkt ab und sagt dann: «Muss jetzt weiterarbeiten», dreht sich um und geht zurück zum aufgebockten Auto.