Gemeinsam etwas machen: Solarlichter und Feste Shampoos

Autor

Susanne Schanda

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Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung begegnen sich in der Kreativwerkstatt, wo sie lernen, nachhaltige Produkte herzustellen. Die neu erworbenen Fähigkeiten geben sie an ihre Kolleginnen und Kollegen weiter – das ist make together, ein inklusives Begegnungsprojekt von insieme Schweiz und dem Institut für Heilpädagogik der Pädagogischen Hochschule Bern.

Bei Solarlampen werden die elektrischen Drähte mit der Batterie verbunden.
Bei Solarlampen werden die elektrischen Drähte mit der Batterie verbunden. © Rueben Hollinger

Massimo erklärt zwei Jungs in einfachen Worten und Schritt für Schritt, wie sie den Akku unten am Deckel des Einmachglases befestigen und die feinen Elektrodrähtchen durch das Loch im Deckel ziehen und mit dem Solarpanel auf dem Deckel verbinden können. Massimo ist nicht etwa Kursleiter oder Coach in der make together-Werkstatt, sondern ein Schüler der Heilpädagogischen Sonderschule (HPS) Bern, der zwei Schülern einer Regelschule erklärt, wie es geht.

Die Schülerinnen und Schüler der beiden Klassen, die an diesem Vormittag in der Kornhausbibliothek in Bern aufeinandertreffen und drei Stunden zusammenarbeiten, kannten sich vorher nicht. Kinder und Jugendliche ohne Behinderung haben im Alltag kaum Berührungspunkte mit Kindern mit Behinderung – und entsprechend gross ist die Gefahr von Vorurteilen. make together ist ein gemeinsames Projekt von insieme Schweiz und der Pädagogischen Hochschule Bern (PHBern) mit der finanziellen Unterstützung durch das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (EBGB). Während es im Sportbereich bereits inklusive Begegnungsmöglichkeiten gebe, fehlten diese im Kreativbereich weitgehend, sagt Jill Aeschlimann von insieme Schweiz.

«Die Jugendlichen sind aufeinander zugegangen. Dass dies so gut geklappt hat, ist sicher auch dem genialen Aufbau der Werkstatt zu verdanken, bei dem jedes Kind für einen Bereich Experte oder Expertin sein kann und dann den anderen erklärt, wie es geht.»

Kenntnisse untereinander weitergeben

Partner des Projekts sind die Kornhausbibliothek Bern, die die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt und ein vierköpfiges Team von insieme Region Bern um Susanne Lizano. Sie führt durch den Vormittag, unterstützt von mehreren Coaches. Umgeben von Bücherregalen versammeln sich die Jugendlichen um vier grosse Arbeitstische, auf denen die Ausgangsmaterialien liegen, aus denen sie feste Shampoos und Solarlichter herstellen werden. In einem ersten Schritt werden die Schülerinnen und Schüler von den Coaches im Rahmen von Mini-Workshops zu Expertinnen und Experten für einzelne Arbeitsschritte ausgebildet. Maria interessiert sich besonders für das Färben der Seifenmasse und schliesst sich dieser Gruppe an. Anschliessend kann sie Dilara den Vorgang erklären und vormachen: Sie leert etwas Seifenpulver in ein Gefäss, das sie auf eine Küchenwaage stellt. Dann fordert sie Dilara auf, eine der Lebensmittelfarben aus dem Farbkasten auszuwählen. Diese wählt Dunkelrot und lässt ein paar Tropfen davon in die weisse Masse fallen, die sich rosa zu verfärben beginnt. Mit einer Presse, wie man sie auch zum Backen benutzt, wird die Masse anschliessend zu einem festen Shampoo in Seifenform gepresst.

Auf andere zugehen

Melinda Fend ist Klassenlehrerin der Regelschule Oberstufe Strättligen Thun. Beim Recherchieren ist sie auf make together gestossen: «Ein tolles Angebot, sehr wertvoll für die Oberstufe.» Ihre Schülerinnen und Schüler seien im ersten Augenblick überrascht gewesen, dass man den Jugendlichen der Sonderschule ihre Behinderung gar nicht angesehen habe, sagt sie: «Die Jugendlichen sind aufeinander zugegangen. Dass dies so gut geklappt hat, ist sicher auch dem genialen Aufbau der Werkstatt zu verdanken, bei dem jedes Kind für einen Bereich Experte oder Expertin sein kann und dann den anderen erklärt, wie es geht.»

Wie es weitergeht? Seit September 2021 wurden in Bern vier inklusive Werkstätten mit Schulklassen durchgeführt. Am Nachmittag gab es jeweils zusätzliche Werkstätten mit Begegnungsmöglichkeiten für einzelne Jugendliche mit und ohne Behinderung, zu denen man sich individuell anmelden konnte. Der Erfolg ist ein klares Signal dafür, diese Initiative weiterzuführen, an anderen Standorten und in weiteren Kantonen. Zurzeit läuft die Suche nach Partnern wie Museen, Jugendtreffs oder Bibliotheken, wie Andreas Jäggi von der PHBern ausführt.