Brainstorming für Interviews mit Politiker*innen

Autor

Susanne Schanda

Veröffentlicht am

Im Zentrum der Kampagne #IchWähle stehen Gespräche, die Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung mit Politiker*innen im Bundeshaus führen. Um sich darauf vorzubereiten, haben sie bei insieme einen Workshop besucht.

Für die Wahlen von National- und Ständerat am 22. Oktober hat insieme zusammen mit Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung, der Bundeskanzlei und Capito Zürich eine Wahlanleitung in Leichter Sprache erarbeitet. Zudem lanciert insieme für die breite Öffentlichkeit eine Sensibilisierungskampagne zu politischer Teilhabe.

Im Zentrum dieser Kampagne stehen Gespräche, die Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung im Journalistenzimmer des Bundeshauses mit ­Politiker*innen der grossen Parteien führen.

Im Zentrum dieser Kampagne stehen Gespräche, die Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung im Journalistenzimmer des Bundeshauses mit ­Politiker*innen der grossen Parteien führen. Die Gespräche werden gefilmt und über Social Media verbreitet. Die Botschaft: Menschen mit einer geistigen Behinderung bilden sich eine politische Meinung und nehmen an den Wahlen teil.

 

Vier Personen sitzen an einem Tisch und denken nach.

An einem Workshop von insieme hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, sich auf ihre Rolle als Journalist*innen vorzubereiten und Fragen zu formulieren. © Alan Sahin

 

Rund einen Monat vor den Begegnungen im Bundeshaus hat insieme Schweiz auf der Geschäftsstelle in Bern einen Workshop durchgeführt, in dem sich die fünf Teilnehmenden auf ihre Rolle als Interviewer*in vorbereiten konnten. Politik ist ihnen vertraut. Sabrina Gaetani hat bereits an der Wahlanleitung mitgearbeitet, Suad Dahir Ahmed ist diesen Sommer am Frauenstreik aufgetreten und ist im Initiativkomitee der Inklusionsinitiative. Gemeinsam ist allen Beteiligten, dass sie sich für Politik und Gesellschaft interessieren, sich eine Meinung über die Kandidierenden bilden und an den Wahlen teilnehmen wollen.

Kenntnisse über die Gesprächspartner*innen

Als Erstes werden ihnen die wichtigsten Informationen zu den ­Personen gegeben, die sie zum Gespräch treffen: Elisabeth Baume-Schneider ist Bundesrätin, Mitglied der SP, aus dem Kanton Jura und steht dem Bundesamt für Justiz und Polizei und dem Staatssekretariat für Migration vor.

Manuela Weichelt ist für die Grüne Partei im Nationalrat und steht für gleiche Rechte von Mann und Frau, für Umwelt- und Klimaschutz und ein gutes Gesundheitssystem ein. Sie kommt aus dem Kanton Zug und ist Mitglied des insieme-Zentralvorstands. Über vier weitere Politiker*innen, die sich für die Gespräche zur Verfügung gestellt haben und die FDP, die SVP, die Mitte und die GLP vertreten, werden sie auf die gleiche Weise informiert.

 

Eisbrecherfragen und Politik

Wie begegnet man Menschen aus der Politik, die man bestenfalls aus den Medien kennt? Wie begrüsst man sich? Die Teilnehmenden des Vorbereitungsworkshops überlegen sich für den Einstieg ins Gespräch sogenannte Eisbrecherfragen.

Wie begegnet man Menschen aus der Politik, die man bestenfalls aus den Medien kennt?

Suad Dahir Ahmed will etwa fragen: «Was ist Ihr Lieblingsessen?» Pearl Lüthy schlägt «Tanzt du gerne?» als Einstiegsfrage vor. Da stutzt Daniel Knöpfel: «Darf man Politiker duzen?» Die meisten würden lieber duzen: «Das ist einfacher», meint Daniel Knöpfel.

«Was braucht es, um Politiker zu werden?»

Suad Dahir Ahmed weiss bereits, dass sie den Nationalratspräsidenten Martin Candinas von der Mitte-Partei zum Gespräch treffen wird. Von ihm will sie wissen: «Was braucht es, um Politiker zu werden? Und können auch Menschen mit Beeinträchtigung Politiker werden?»

Olivier Marti möchte die Bundesrätin mit provokativen Fragen konfrontieren: «Gibt es in der Schweizer Politik viel Korruption? Kann man sich seine Wahl erkaufen?»

Sabrina Gaetani formuliert diese Fragen: «Hatten Sie schon Kontakt mit Menschen mit Beeinträchtigung?» und «Warum wird das IV-Gesetz in jedem Kanton anders angewendet? Warum ist das so kompliziert?».

Einen echten Austausch herstellen

Damit das Gespräch ein echter Austausch auf Augenhöhe wird, sollen auch die Politiker*innen ihrerseits die Gelegenheit erhalten, den Personen mit Beeinträchtigung Fragen zu stellen und sich nach ihren Ansichten zu erkundigen. Deshalb überlegen sich die Teilnehmenden im zweiten Teil des Workshops, worüber sie gerne sprechen möchten, und formulieren Fragen, welche die Politiker*innen ihnen stellen dürfen.

Haben Sie den Eindruck, dass Menschen mit Behinderungen nicht gleichbehandelt werden?

So will Sabrina Gaetani gerne auf die Fragen «Haben Sie den Eindruck, dass Menschen mit Behinderungen nicht gleichbehandelt werden? Was denken Sie, was die Politik dagegen tun ­müsste?» antworten. Da hätte sie einiges zu erzählen. ­Olivier Marti möchte der Bundesrätin gerne mitteilen, wie er die Situation von Menschen mit Beeinträchtigung in der Arbeitswelt sieht.

Die fünf Teilnehmenden freuen sich auf den Austausch im Bundeshaus. Diese Erfahrung wird ihr Interesse für politische Diskussionen wohl weiter nähren. An einem Workshop von insieme hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, sich auf ihre Rolle als Journalist*innen vorzubereiten und Fragen zu formulieren.

Kampagne #IchWähle

Die insieme-Kampagne #IchWähle zeigt, wie Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung mit Politiker*innen sprechen, und macht deutlich, dass sie politisch interessiert sind und sich eine Meinung bilden können.

In den Videos, die Mitte September online gehen, treffen unsere Protagonist*innen, Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung, im Journalistenzimmer im Bundeshaus auf Politiker*innen. Sie lernen sich und ihre Meinung durch Fragen, die sie sich gegenseitig stellen, kennen.

 

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