Models mit Down-Syndrom stürmen den Catwalk

Autor

Susanne Schanda

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Mittendrin, mitten in der Modewelt – davon träumen viele Teenager, auch solche mit Trisomie 21. Das Modehaus Jelmoli in Zürich hat 25 Jugendlichen von insieme21 eine Bühne für eine Fashion Show geboten. Anlass ist der Welt-Down-Syndrom-Tag.

In der Damenabteilung brummt es schon eine halbe Stunde vor Beginn wie in einem Bienenhaus: Mütter und Väter, Geschwister, Freunde und Freundinnen, dazu einige zufällig vorbeischlendernde Passanten, die neugierig am Rand des im Viereck angelegten Laufstegs stehenbleiben. Wo soll ich mich wohl am besten hinstellen, damit ich einen guten Blick auf den Catwalk habe, damit mir niemand die Sicht verdeckt?

In der Damenabteilung brummt es schon eine halbe Stunde vor Beginn wie in einem Bienenhaus

Stunden zuvor haben sich die jungen Models in der Garderobe von Modeprofis schminken, frisieren und stylen lassen.

Ein kleines Mädchen bekommt Augen-Make-up.

Mitglieder ab 10 Jahren haben sich beworben. © Conny Wenk

Bereits zum zweiten Mal organisiert insieme21 zusammen mit Jelmoli eine Fashion Show. Mitglieder ab 10 Jahren haben sich beworben. Der Verein hat bei der Auswahl auf eine gute Durchmischung bezüglich Alter, Geschlecht und Wohnkanton geachtet. Ein DJ fährt vorübergehend die Lautstärke herunter, damit die Verantwortlichen von Jelmoli und Hanspeter Hanschick, der Präsident von insieme21, das Publikum begrüssen können. Mit von der Partie ist auch Manuela Frey, international tätiges Model, die für einmal als Interviewerin der Nachwuchsmodels wirkt.

Fashion Shows gehören sonst nicht zu meinen stärksten Interessen, aber diese hier strahlt etwas aus, das mich berührt.

Fashion Shows gehören sonst nicht zu meinen stärksten Interessen, aber diese hier strahlt etwas aus, das mich berührt. Vor der Garderobe, am Eingang zum Laufsteg stehen die ersten Models bereit wie aufgeregte Rennpferde, bevor der Startschuss fällt. Hier ein Zupfen am Rocksaum, da ein Ziehen an der gelockten Haarsträhne, ein Blick ins Publikum.

 

Wann geht es nur endlich los! Nun dreht die Musik auf, aus grossen Boxen dröhnen peitschende Rhythmen, das erste Model betritt entschlossen den roten Laufsteg, hebt den Kopf und stolziert selbstsicher durch die Menge der Zuschauenden, die von allen Seiten einen Blick zu erhaschen suchen. Aline trägt ein gestreiftes Blusenkleid und einem roten Blumenkranz auf den Kopf, sie schürzt die Lippen zum Kussmund und blickt kokett ins tobende Publikum, bevor sie um die Ecke biegt. Ich versuche, mit der Handykamera ein paar Fotos zu machen, aber es geht so schnell, und ich bin nicht die einzige, die sich an den Laufsteg drängt.

Ein kleines Mädchen mit einem geblümten Kleid und einer gelben herzförmigen Brille lächelt in die Kamera.

Greta nahm an der von Jelmoli und insieme21 organisierten Fashion Show teil. © Conny Wenk

Gleich darauf folgt die kleine Greta im luftigen Blumenkleid mit einer herzförmigen, gelben Sonnenbrille im Gesicht. Dann Lorin, ein Junge in weissen Turnschuhen und Strandbekleidung, ein mit Palmen und Segelbooten bedrucktes Kurzarmhemd und Bermudas.

Einige der Models versuchen es kurz mit dem professionell gelangweilten Blick der Supermodels, aber den meisten springt die Freude über den Auftritt aus dem Gesicht.

Einige der Models versuchen es kurz mit dem professionell gelangweilten Blick der Supermodels, aber den meisten springt die Freude über den Auftritt aus dem Gesicht. Kameraleute vom Fernsehen SRF und TeleZüri filmen im Rückwärtsgang die näherkommenden Models, Angehörige rufen, winken und machen Fotos mit ihren Handys.

Pearl

«Ich bin mega stolz auf mich, dass ich den Catwalk gemacht habe.»

Pearl, 19

Als die Show zu Ende ist, folgen Interviews, in denen Glück und Zufriedenheit zum Ausdruck kommen. Pearl (19) findet es super: «Ich bin mega stolz auf mich, dass ich den Catwalk gemacht habe.» Janis (17) erzählt, dass er sich für Mode interessiert: «Ich habe ein gutes Gespür dafür, was mir gefällt.»

Und vielleicht auch Leute in der Modebranche zum Nachdenken darüber anregen, warum Menschen mit besonderen Bedürfnissen dort normalerweise nicht sichtbar sind.»

Auch insieme21 zieht eine positive Bilanz, so Hanspeter Hanschick: «Wir wollen Menschen mit Down-Syndrom, die wie andere Menschen auch gerne coole Klamotten tragen und Freude an Musik und Show haben, die Gelegenheit dafür bieten. Und vielleicht auch Leute in der Modebranche zum Nachdenken darüber anregen, warum Menschen mit besonderen Bedürfnissen dort normalerweise nicht sichtbar sind.» Wenn Model Manuela Frey am Ende sagt: «Der einzige Unterschied zu den professionellen Fashion Shows ist die gute Energie hier auf dem Runway», dann denk ich mir: Warum gibt es bloss nicht mehr solche Shows, die allen Spass machen? Grosse und kleine Models, dicke und dünne, freche und schüchterne, Models mit und ohne Beeinträchtigung – das wär doch mal was.