Impro-Theater in Burgdorf

Autor

Tabea Mündlein

Veröffentlicht am

«Du spürst, wie du dich als Person ablegst und zum Schauspieler oder zur Schauspielerin wirst»: Mit diesen Worten wird die Gruppe von 8 Kursteilnehmenden angeleitet, die alle mit geschlossenen Augen aufrecht auf ihren Stühlen sitzen. Die Theatergruppe der Freizeitgruppe Burgdorf startet ihren Kursabend wie immer mit einer kurzen Meditation.

Nachdem alle die Augen wieder geöffnet haben, kommt schnell Leben in die Gruppe. Der Zauberwürfel geht um. Ein grosser roter Schaumstoffwürfel, der voller Überraschungen steckt. Erst stinkt er, dann ist er glühend heiss, trägt Tiergeräusche in sich, denen man lauschen kann, und wird zu guter Letzt zu einem Telefon. Die Kursleiterin Sarah gibt das Thema vor, indem sie dementsprechend auf den Würfel reagiert und ihn dann der nächsten Person weitergibt. Die Teilnehmenden sind geübt und nehmen das Angebot sofort an. «Iiiih, der stinkt!» ruft Markus, nachdem er an dem Würfel geschnuppert hat, und wirft ihn angewidert zu Linda, die neben ihm steht.

 

Der Zauberwürfel geht um. © insieme Schweiz

«Improvisationstheater ist eine schöne Art, um in den eigenen Körper und die Intuition zu kommen, Impulsen, dem eigenen Witz und Ideen zu folgen», erklärt Sarah. Sie ist Schauspielerin, Singer-Songwriterin und Musicaldarstellerin und geht mit der Gruppe noch einmal das A und O des Improvisationstheaters durch.

Die erste Regel des Improvisationstheaters ist Ja-Sagen. Die Ideen der Mitspielenden sind Geschenke, die man annimmt. Denn so geht es weiter.

Die Teilnehmenden inspirieren sich laufend gegenseitig, wodurch das Spiel eine Eigendynamik entwickelt. Jan übergibt Sarah das Würfel-Telefon mit den Worten: «Remo Käser ist dran». «Was!? DER Remo Käser?», fragt Sarah erstaunt und hält sich das Würfel-Telefon ans Ohr. «Hallo? Remo? Du, mit dir wollte ich ja schon lange Mal reden…». Alles, was passiert, wird aufgenommen und weiterentwickelt. Wer noch etwas schüchtern ist oder nicht direkt weiss, wie es weitergehen soll, wird von Sarah oder ihrer Assistentin Anna unterstützt. Die beiden kennen sich von einer gemeinsamen Theaterproduktion und sind mittlerweile ein eingespieltes Team, welches die Kursabende mit viel Geduld und Humor gestaltet.

 

Der Körper

Eines der wichtigsten Instrumente von Schauspielenden ist ihr Körper. Zwei Stuhlreihen stehen sich gegenüber. Ein Wartesaal am Bahnhof. Die Schauspielenden auf der Bühne reden nicht. «Ihr wartet auf euren Zug. Wartet ihr gerne oder nicht? Wie merkt ihr das an eurem Körper?», erhalten die vier Teilnehmenden, die auf den Stühlen im Wartesaal sitzen, als Anweisung.

Der Wartesaal im Bahnhof. Wer wartet gerne? Wer nicht? © insieme Schweiz

Der Rest der Gruppe soll anhand der Körperhaltung und der Bewegungen der Personen erkennen, in welchem Gemütszustand sie gerade auf ihren Zug warten. Während Claudio die Ruhe selbst mimt, sieht man Joëlle an, dass die Situation ihre Laune trübt. Mit einem lauten Klatschen wird die Szene beendet.

 

Die Vorführung

Der Theaterkurs wird am letzten Kursabend mit einer Vorführung abgerundet. Die Teilnehmenden dürfen Bekannte und Verwandte einladen und zeigen, was sie im Verlauf der letzten Wochen erarbeitet haben.

Ich bin ein bisschen nervös. Du auch?»

Die Aufregung zu Beginn des Abends ist gross. «Ich bin ein bisschen nervös. Du auch?», fragt Christoph unruhig seine Mitspielenden. Doch genau so gross ist die Vorfreude auf das bevorstehende Spektakel.

Nachdem die gröbste Nervosität abgelegt ist, trauen sich nach und nach alle für eine Szene auf die Bühne und spielen die Rollen, die sie sich selber ausgesucht und im Verlauf der Kursabende erarbeitet haben.

Um den Abend und den Frühlingskurs abzuschliessen, geht noch einmal der Zauberwürfel um. Sowohl das Publikum als auch die Kursteilnehmenden und Leitungspersonen dürfen etwas in den Würfel legen, was ihnen besonders gut gefallen hat. Die Rückmeldungen des Publikums sind herzlich und anerkennend. «Ich bin so froh, dass ich auf dieser Seite sitzen durfte», meint ein Mann mit kurzen graumelierten Haaren und einer grossen schwarzen Brille.

«Was ihr hier macht, braucht so viel Mut. Das war grossartig!» Barbara fasst ihre Erfahrung im Kurs zusammen: «Dieser Kurs hat mir ermöglicht, mal aus dem Alltag auszusteigen. Hier konnte ich rumblödeln. Das nennt man dann Impro-Theater.» Die Stimmung ist ausgelassen und alle lachen. Bei der Verabschiedung sind sich alle einig: Nächstes Jahr wollen sie sich wieder hier zusammenfinden und Theater spielen.