ASA Handicap mental hat eine Schulung über das politische System der Schweiz in Leichter Sprache entwickelt, die sich hauptsächlich an Institutionen richtet. Erklärungen von Anne-Sophie Kupper, Leiterin des Programms «Rechte & Teilhabe».
In welchem Kontext entstand diese Ausbildung?
Die Menschen müssen auch verstehen, warum man wählt, wie man wählt, in welchem Rahmen das geschieht und was es bedeutet, Bürger*in zu sein. Wir beschlossen daher, unsere zweitägige Schulung in drei thematische Module zu unterteilen: «Was ist die Schweiz?», «Ich als Bürger*in» und «Wie mache ich von meinem Wahlrecht Gebrauch?».
«Die Menschen müssen auch verstehen, warum man wählt, wie man wählt, in welchem Rahmen das geschieht und was es bedeutet, Bürger*in zu sein.»
Anne-Sophie Kupper, Leiterin des Programms «Rechte & Teilhabe» von ASA Handicap mental
Was beinhalten die drei Module konkret?
Im ersten Teil beschäftigen wir uns mit dem Begriff «Staat». Wir sehen, dass die Schweiz ein Gebiet mit einer Bevölkerung ist, in dem es Regeln des Zusammenlebens gibt, sowie eine Organisation, die es verwaltet. Weiter geht es um die Verfassung und die drei Gewalten. Dabei stellen wir fest, dass es Entscheidungen für die ganze Schweiz gibt und andere für die Kantone und die Gemeinden. Auch die politischen Parteien werden erklärt: Wer sind die Personen, die unser Land regieren, und wie werden sie gewählt? In Modul 2 geht es um die verschiedenen Möglichkeiten, sich als Bürger*in zu beteiligen: in einem Gremium, in einem Verein oder in einer geschützten Werkstatt. Dann betrachten wir die politische Partizipation: Was kann man tun? Zum Beispiel seine Meinung zu bestimmten Themen äussern und abstimmen oder Personen wählen. Wir erläutern auch die geltenden kantonalen Gesetze zum Wahlrecht. Wenn die Schulung im Kanton Waadt stattfindet, bedeutet dies, dass wir den Mechanismus erklären, mit dem das Wahlrecht an die Person zurückgegeben wird. Im letzten Modul besprechen wir, wie man das Wahlmaterial verwendet und welche Ressourcen und Gesprächsgruppen es gibt, um sich auf einfache Weise zu informieren.
Wie kann man Informationen, die auf den ersten Blick komplex erscheinen, zugänglich machen?
Vom Wissen der Menschen auszugehen und dieses zu ergänzen, ist das pädagogische Konzept des Unterrichts. Wenn wir erklären, dass die Schweiz ein Gebiet ist, verwenden wir eine interaktive Karte, auf der die Teilnehmenden die Kantone anklicken können, die sie kennen. Wenn es sich um Personen handelt, die in einer Einrichtung leben, ziehen wir Parallelen zwischen der Organisation der Einrichtung und der des Landes. Zusammengefasste und in einfache Sprache übersetzte Zeitungsartikel dienen uns dazu, die verschiedenen Gewalten zu veranschaulichen: So berichtet beispielsweise ein Artikel über das Urteil gegen einen Aktivisten (richterliche Gewalt), während ein anderer auf die Entscheidung des Bundesrates, Masken zu tragen, eingeht (exekutive Gewalt). Es ist wichtig, die Art und Weise, wie das Leben in einer Gesellschaft organisiert ist, konkret darzustellen. Schliesslich haben uns die Rückmeldungen der Teilnehmenden in der Testphase dazu veranlasst, mehr Videos sowie Spidermaps für die Erklärung der politischen Parteien zu verwenden.
Stimmen die Personen, die an der Fortbildung teilgenommen haben, nun häufiger oder informierter ab?
Das Ziel der Ausbildung ist es, die Personen zu ermutigen, ihre politischen Rechte wahrzunehmen. Und sie sollen verstehen, wie eine Gesellschaft funktioniert und wie sie daran teilnehmen können. Beispielsweise hatte eine Einrichtung bei den kantonalen Abstimmungen in Genf über die Schulreform den Besuch eines Jahrgangs mit einfachen Erklärungen organisiert und darauf hingewiesen, dass bei einer Annahme der Reform die «stärksten» Schüler*innen zusammen und die «schwächsten» zusammen separat unterrichtet würden. Die Teilnehmenden konnten dann Stellung beziehen und diskutierten in ihren Familien darüber. In einer anderen Einrichtung durften die Bewohner*innen darüber abstimmen, ob sie einen Teppich für den Gemeinschaftsraum auswählen sollten. Dass der Schwerpunkt auf den kollektiven Aspekt gelegt wurde, führte zu weiteren Überlegungen über Partizipation und Entscheidungsfindung. Im Anschluss an die Schulung bemühten sich zwei Teilnehmer aus dem Kanton Waadt, um ihr Wahlrecht zu erhalten.
Wie melde ich mich für den Kurs an?
Für Einzelpersonen, die IV-Leistungen beziehen, wird die Ausbildung derzeit in Partnerschaft mit dem Verein Actifs (GE) angeboten. Institutionen können sich unter info@asahm.ch oder 022 792 48 65 direkt an ASA Handicap mental wenden.